Forschungsgebiete
ReForm beabsichtigt, ressourcenbezogenene Transformationen auf theoretischer und empirischer Ebene zu untersuchen. Dabei gehen wir von einem „Theorie der Praxis“-Ansatz aus, der hilft, die Entwicklung gesellschaftlicher Institutionen und ihres ökonomischen Handelns zu analysieren, aber darüber hinaus die aktuellen Materialitäts- und Embodiment-Diskurse einbezieht. Unser wissenschaftlicher Ansatz besteht darin, materialisierte Ressourcen als Affordanzen für Individuen und Gesellschaften zu betrachten und ihre potenzielle Rolle in transformativen Prozessen zu integrieren.
Ein solcher multidisziplinärer Diskurs ermöglicht es uns, verschiedene theoretische und empirische Studien in ein breiteres und neues Forschungsfeld zu ressourcenbezogenen Transformationen einzubetten. Diese ganzheitliche Idee von ReForm erfordert verschiedene Forschungsebenen, die vielleicht am besten als Mikro-, Meso- und Makroebene beschrieben werden können.
Die Aneignung von Ressourcen ist ein Hauptthema in der Geschichte der Menschheit. Die Entwicklung von Technologie basiert auf kulturellen Faktoren. Gesellschaftliche Bedürfnisse und Wünsche regeln und sorgen dafür, welche Arten von Ressourcen erworben oder ignoriert werden. Diese Zugriffsmuster sind eingebettet in Landschaften, in denen Rohstoffe gesammelt oder ausgebeutet werden. Das Handeln mit Ressourcen offenbart daher individuelle oder gesellschaftliche Absichten und zusätzliche Strategien und Konzepte, wie ein gewünschter Ertrag erreicht werden kann. Diese Fertigkeiten lassen sich oft durch spezialisierte Arbeitsabläufe (chaîne opératoires) beschreiben, die uns die Verschränkung von spezifischen Erfahrungen, diskursivem und verkörpertem „Wissen“ des menschlichen Akteurs erkennen lassen.
In diesem Forschungsbereich wollen wir das Verhältnis von Raum und Wissen untersuchen. Da Raum durch alle Arten von Praktiken produziert wird, können wir uns dem Wissen der Menschen nähern, indem wir ihre Erfahrungen mit Landschaften und ihre Wahrnehmung von Raum nachzeichnen. Insbesondere im Kontext von Ressourcen können Räume und Landschaften als „durch translokale Beziehungen und Austauschprozesse geschaffen“ konzeptualisiert werden.
Ein Schwerpunkt wird das „Wachsen“ von Wissen und kreativen Impulsen durch die Erfahrungen in/an Landschaften und Dingen sein, die möglicherweise das ansprechen, was wir heute als Innovation wahrnehmen. Das Hineingeworfensein in eine neue Umgebung führt zur Aneignung dieser Umgebung und zu einer bestimmten Schaffung von Raum, was Transformation ermöglichen kann. Diese Kreativität ist besonders im Umgang mit unbekannten und nur teilweise bekannten Landschaften gefragt. Wann immer Menschen handeln, sammeln sie Erfahrungen und folglich Wissen in der Aneignung ihrer Umwelt. Die Rekonstruktion solcher Handlungs- und Praxisstränge erlaubt es dem Forscher, sich dem spezifischen kulturellen Zugang von Gesellschaften zu ihrem Raum zu nähern.
Im dritten Forschungsbereich steht die ressourcenbezogene Transformation von Gesellschaften im Mittelpunkt der Diskussion und Untersuchungen. In diesem Bereich betrachten wir Asymmetrien als wichtige herausfordernde Faktoren, da Asymmetrien oft mit der Umwelt und kulturellen Gewohnheiten zusammenhängen. Sie können Gesellschaften auf unterschiedliche Weise unter Druck setzen. Asymmetrien werden nicht nur als ökonomische Unterschiede zwischen sozialen Gruppen definiert, sondern auch als kulturelle Aspekte, die als ungleich empfunden werden, wie z.B. der Zugang zu rituellen oder ländlichen Räumen oder die Teilnahme an gesellschaftlichen Prozessen. Beispielsweise sind Wachstum und Niedergang (oder „De-Growth“) wichtige Aspekte in diesem Spannungsfeld der Asymmetrien. Die Debatte hat sich in den letzten Jahren aus der Diskussion um zyklische Modelle entwickelt, die in den letzten Jahren in Frage gestellt wurden. Die Interpretation von Ökonomien und Gesellschaften als komplexe adaptive Systeme kann ein sinnvoller theoretischer Ansatz sein, ebenso wie die Interpretation von Ökonomien als integratives Element sozialer Praktiken. In Fällen, in denen bewusste Entscheidungen den Umgang mit Ressourcen regulieren, können wir diese Entscheidungen als Governance-Strukturen oder Institutionen bezeichnen.
Ethnographische Beobachtungen zeigen oft sehr viel deutlicher, wie gesellschaftliche Entscheidungen wie z.B. in spezifischen Kommunikationsformen durch Austausch oder expliziten Bedingungen bei der Ausbeutung von Ressourcen von „irrationalen“ rituellen Bedürfnissen oder allgemeinen Normen geleitet werden. Dies steht im Gegensatz zu unserer Annahme von scheinbar „rationalen“ Interessen im Sinne „moderner“ Ökonomien: Governance ist demnach ein System verschiedener kultureller Entscheidungen, die in gesellschaftliche Bedürfnisse eingebettet sind.